Zeiteinteilung
In diesen Tagen stehen überall im Land die Abiturklausuren und –prüfungen an. Auch in Ihrem Verein haben sich sicherlich viele der betroffenen Hockeyspielerinnen und –spieler vom Training und den Wettkämpfen zurückgezogen. Da hat ja jeder Verständnis, man will ja nicht im Wege stehen oder gar der Schuldige bei einem etwaigen Misserfolg sein. Und in vielen Fällen ist es nicht nur das Abitur, sondern auch die existenzielle Klausur, die Vorbereitung auf den Wechsel zum Gymnasium. Das geht schon in der Grundschule los, dass Eltern im Sporttreiben ihrer Kinder ein Hindernis für deren schulische, gar berufliche Karriere sehen.
In diesen Tagen fand auch die Hockey-WM der Herren statt. Eine Woche vorher wurden die Krefelder Deutscher Hallenhockey-Meister. Und was machte der Mannschaftsführer der Nationalmannschaft, Timo Weß? Statt DM-Feier stand am Tag danach eine wichtige BWL-Klausur auf der Tagesordnung. Erst dann ging es am Montagabend weiter nach Wien. Timo ist nur ein, zugegeben Musterbeispiel für die Kompetenz unserer Nationalspieler, ihre Zeit gut einzuteilen. Und dadurch im Sport einen vernünftigen und unterstützenden Ausgleich zu finden. Im März 2002 wurde Timo in Kuala Lumpur zum ersten Mal Weltmeister. Wenige Tage nach der WM hatte er daheim in Moers seine Abi-Klausuren zu schreiben, die von einem aufgeschlossenen Rektor und ihn unterstützenden Lehrern nach seinen Terminwünschen gelegt worden waren (allerdings kamen wir auch nicht auf dem letzten Drücker damit heraus, sondern bereits ein Jahr vorher hatte ich als damaliger Team-Manager die Wege bereitet). So konnte Timo nicht nur im Vorfeld der WM, in seinem Abi-Jahr, alle 100 Lehrgangstage mitmachen, er absolvierte genau wie Mannschaftskamerad Matthias Witthaus (für den wir das gleiche Entgegenkommen bei seinem Gymnasium in Ratingen fanden) auch noch im Oktober 2001 die Junioren-WM in Hobart (Australien). Natürlich lagen die Spieler in den Freiräumen der Lehrgänge nicht auf der faulen Haut, sondern (die Technik macht’s möglich) wurden per Internet mit den Hausaufgaben versorgt. Der Klapprechner hatte den Hockeyschläger längst als das am häufigsten benutzte Arbeitsgerät abgelöst. Und die Liste der Weß, Witthaus, Dr. Green, Eimer, Crone, Schulte, Bubolz (ich könnte den ganzen A-Kader anführen) ist lang. Für alle gilt, dass sie kaum einmal bei ihrem Vereinstraining gefehlt haben, dass sie alle Nationalmannschaftsmaßnahmen mitgemacht haben und auch in Schule, Studium und Beruf gleichermaßen erfolgreich sind. Und das genau so schnell wie ihre Kommilitonen.
„Mens sana in corpore sano“ wurde zwar vom römischen Satiriker Juvenal eher im umgekehrten Sinne gemeint, hat aber gleichwohl seine Berechtigung. Auch namhafte Lernforscher wie Hella und Jürgen Dahmer (Professoren für Didaktik der Medizin an der Medizinischen Hochschule Hannover) formulieren: „Machen Sie in der Pause mal etwas anderes“. Nach vierstündiger Arbeit Entspannungspausen von mindestens 60 Minuten für das leibliche Wohl mit sportlicher Betätigung. Hier ist übrigens von Lernoptimierungen für Erwachsene die Rede. Der populärwissenschaftliche Lernforscher Walter F. Kugermann zu diesem Thema: „Pausen bringen nicht nur eine Leistungssteigerung für die Zeit danach, sie verbessern auch die Leistung davor durch den ’Erwartungsanstieg’ “.
Dieses den Eltern in Ihrem Verein einmal ins Stammbuch oder in die nächste Clubzeitung geschrieben. Und das Erlernen einer für das gesamte Berufsleben wichtigen Kompetenz der Zeiteinteilung (sagen Sie „Zeitmanagement“, damit man Sie auch versteht) ist ebenso bei der künftigen Karriere gefragt wie die vielgefragte soziale Kompetenz (die auch nicht vom Himmel fällt, sondern erlernt sein will). „Der Mensch soll lernen. Nur die Ochsen Büffeln.“ Erich Kästner bringt es auf den Punkt.
Oder wie vor ungefähr 12 Jahren der damalige Trainer der Wasserball-Nationalmannschaft Nicolae Firoui: „Ich würde mich schämen, den Sport als Grund dafür anzugeben, dass man das Abitur nicht schafft. Die sollen lieber die Glotze ausschalten.“
|
|
|